Über-Leben-in-Köln

Eine Aktion des AK Umbruchs in Kooperation mit „wohnen wagen“ anlässlich des „Tags der Armut“ am 17.10.2017 in der Fußgängerzone

Anlässlich des „Tags der Armut“, der in diesem Jahr zudem auf den „Tag der Menschenrechte“ fällt, findet am 17. Oktober von 12-17 Uhr vor dem Harzheim-Brunnen Ecke Schildergasse/Hohe Straße (vor Kaufhof) die Aktion „Über-Leben-in-Köln“ des AK Umbruch statt. Der aus zahlreichen Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe bestehende Arbeitskreis möchte mit der in einem Wohnwagen stattfindenden Aktion darauf aufmerksam machen, dass es in unserer Stadt mehr als 5000 Wohnungslose gibt, die täglich unter schwierigen gesellschaftlichen, gesundheitlichen und sozialen Bedingungen in Zelten, Bauwägen, Notunterkünften und diversen Wohneinrichtungen leben. „Je mehr man über deren Leben weiß, desto toleranter kann man Menschen in sozialen Schwierigkeiten begegnen“, so Bruder Markus von der Kath. Obdachlosenseelsorge Gubbio.

Neben Vertretern der Einrichtungen und Vereine Bauen-Wohnen-Arbeiten, Ev. und Kath. Obdachlosen-Seelsorge, Emmaus, Gulliver, KALZ, OASE, WohnenWagen und Vringstreff, werden auch prominente Gast-Redner, sowie engagierte Einzelpersonen vor Ort sein, die seit Jahren gemeinsam versuchen, die Lebensbedingungen für Wohnungs- und Obdachlose in Köln so mitzugestalten, dass die Menschenwürde der Frauen, Männer und Jugendlichen gewahrt bleibt und sie gegebenenfalls wieder einen Weg „ins Leben finden“ bzw. am gesellschaftlichen Leben partizipieren können.

Das jedoch wird immer schwerer: Denn obwohl das Recht zu Wohnen ein international verbrieftes Menschenrecht ist und somit auch in Deutschland – als Teil des Rechts auf einen angemessenen Lebensstandard in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 – fest verankert ist, haben gerade Menschen ohne Obdach auf dem sowieso engen Wohnungsmarkt kaum eine Lobby.

Veranstalterkreis:

Der AK Umbruch in Köln ist ein lockerer Zusammenschluss von Initiativen, gemeinnützigen Vereinen und Einzelpersonen, die sich für wohnungs- und obdachlose Menschen in Köln engagieren.

www.draussenseiter-koeln.de

https://www.emmaus-koeln.de

http://www.koelnerarbeitslosenzentrum.de/gulliver/das-projekt.php

http://www.bauenwohnenarbeiten.de

http://www.gubbio.de

www.oase-koeln.de

www.vringstreff.de

 

Ratschlag zur Wohnungspolitik in Köln

Am 5. Mai hat WOHNEN WAGEN! verschiedene Gruppen und Kräfte der Zivilgesellschaft zu einem Ratschlag eingeladen. Ziel war, die jeweiligen Ideen und Forderungen auszutauschen und zu schauen, wie die Akteure gemeinsam stärker auf die aktuelle Wohnungspolitik einwirken können.

23 Personen nahmen am Ratschlag teil, anwesend waren Vertreter*innen von AKS Köln, AStA, Initiative Bauen Wohnen Arbeiten e.V., Köln mitgestalten, Siedlergenossenschaft Kalscheurer Weg eG, Stadtraum 5und4, WOHNEN WAGEN!, Wohnraum für Alle und Einzelpersonen.

Fazit: In Köln entsteht deutlich zu wenig bezahlbarer (sozialer) Wohnraum. Dem soll begegnet werden. Mögliche Kooperationen bei konkreten Projekten sind denkbar. Gemeinsame Aktionen zur gegenseitigen Unterstützung ebenfalls.

Was wurde diskutiert?

In der Diskussion wird aus der Arbeit der Inis/Genossenschaften berichtet. Probleme mit der Verwaltung der Stadt, mit der Interpretation von Bebauungsplänen und gesetzlichen Vorgaben, von Kommunikationshemmnissen und zu vermutendem Unwillen in Teilen von Politik und Verwaltung.

Trotz teils divergierender Vorstellungen darüber, was zu tun ist, ist eine Übereinkunft darüber spürbar, dass es möglich und sinnvoll ist, sich gegenseitig zu unterstützen. Bspw. im Umgang mit der Stadt und gegenseitigem Support bei öffentlichen Aktionen. Offensichtlich ist, dass sich die Anwesenden darin einig sind, dass die Entstehung und Pflege von Wohnraum in Köln nicht gewinnorientierten Unternehmen überlassen sein soll. Wohnen soll allen Menschen in Köln möglich sein. Dafür braucht es alternative Formen des Wohnungsbaus wie bspw. Genossenschaften. Um diese Ziele zu realisieren, ist die Adressierung dieser Forderungen an die Entscheidungsträger der Stadt unumgänglich (bspw. die politische Einflussnahme auf Entscheidungskriterien bei der Vergabe von städtischem Grund, hier: Deutzer Hafen). Es herrscht Einigkeit, dass von der Stadt deutlich mehr Transparenz bei den Entscheidungen für oder gegen Projekte gefordert wird.

Wie geht es weiter?

Es wird ein nächstes Treffen im Herbst 2017 verabredet, WOHNEN WAGEN! wird dazu einladen. Bis dahin wird u.a. eine Dokumentation laufender Projekte vorbereitet, so dass sie vorgestellt werden können. Am 02.09. wird in der Indianersiedlung gefeiert, der Wohnwagen von WW! wird vor Ort sein.

 

In der Halle weinen nachts oft 30 Kinder

Am 31.08.2016 stellte die Stadt Köln für 13.613 geflüchtete Menschen eine Unterkunft zur Verfügung. Davon wohnen derzeit etwa 3.500 Menschen immer noch in Turnhallen oder anderen Massenunterkünften. Bei ständigem Licht und einem hohen Lärmpegel schlafen bis zu 70 Menschen in einem Raum auf Feldbetten, dicht an dicht. Oftmals müssen sich mehrere Personen einen Spint teilen.

Erklärtes Ziel der Stadt Köln ist es, die Turnhallen möglichst schnell leer zu räumen. Dafür werden aktuell viele Plätze in Leichtbauhallen geschaffen. Das sind Hallen in Fertigbauweise, die bis zu 400 Menschen fassen. Die Lebenssituation der Menschen verbessert sich dadurch nicht. Eher am Stadtrand aufgestellt, führen die Leichtbauhallen nur zu weiterer Isolation.

Wie stellt sich die Stadt Köln die Unterbringung vor? 

2004 verabschiedete der Rat der Stadt Köln ein 3-stufiges Unterbringungsmodell für Flüchtlinge, das zur Richtschnur des städtischen Handelns werden sollte. Die im Modell formulierten Standards wurden aber nie erreicht.

Orientierungsphase: Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung sollte zeitlich auf längstens drei Monate befristet sein, wobei besonders schutzbedürftige Personen vorrangig in Regelwohnheime vermittelt werden sollen.

Integrationsphase I: Unterbringung in einem regulären Wohnheim, nach Möglichkeit unter Berücksichtigung individueller Bedürfnisse (z.B. verwandtschaftliche oder freundschaftliche Bindungen, besondere medizinische und soziale Belange). Verweildauer sollte etwa 36 Monate betragen.

Integrationsphase II: Flüchtlinge können eine Privatwohnung beziehen.

Unter dem Druck der wachsenden Flüchtlingszahlen entwickelte die städtische Verwaltung 2015 unter Federführung des Wohnungsamtes ein neues, so genanntes 4-Phasen-Modell zur Unterbringung von Flüchtlingen:

  • Phase 1 – Notunterkünfte (Leichtbauhallen): Etwa 10 – 15 Standorte im ganzen Stadtgebiet geplant; pro Standort bis zu 400 Flüchtlinge; maximal fünf Hallen für je 80 Menschen; Betreuungsschlüssel: ein/e Sozialarbeiter*in für je 80 Geflüchtete; nach eigenem Bekunden der Stadt Köln entspricht die Unterbringungsform mit Blick auf die Zahl der Untergebrachten zwar nicht den Leitlinien, „ermöglicht aber die schnelle Unterbringung vieler Menschen“.
  • Phase 2 – Errichtung von Wohncontainern, provisorische Herrichtung von Bestandsgebäuden: „In der zweiten Phase soll so schnell wie möglich ein Minimum an Privatsphäre ermöglicht werden.“ (Mitteilung der Stadt Köln). Dabei geht es um die Errichtung von Wohncontainern und auch die „provisorische“ Herrichtung vorhandener Gebäude.
  • Phase 3 – Auf Dauer angelegte einfache Bauten: In Schnellbauweise errichteter Wohnungsbau (Systembauweise) auf Bestandsflächen mit Baurecht; „Sie sollen an verschiedene Zielgruppen vermietet werden, zum Beispiel auch an Studentinnen und Studenten.“ (Mitteilung der Stadt Köln ohne weitere und detailliertere Angaben); Vorlaufzeit drei bis fünf Jahre.
  • Phase 4 – Bau und Nutzung von Wohnungen: Übergang in reguläre Wohnungen innerhalb des Stadtentwicklungskonzepts; Vorlaufzeit fünf bis zehn Jahre.

Im Gegensatz zu dem Vorgängermodell ist in diesem Phasenmodell nicht mehr explizit die Rede von zeitlich aufeinander aufbauenden Phasen der Orientierung oder Integration. Weder werden angedachte Aufenthaltszeiten in den einzelnen Unterbringungsformen genannt noch Kriterien, nach denen Geflüchtete in andere Wohnformen weiterzuleiten sind.

Leider sind Phase 3 und 4 bisher kaum Thema der derzeitigen städtischen Bemühungen im Bereich der Unterbringung von Geflüchteten. Das Wohnungsamt der Stadt Köln verweist auf das Stadtentwicklungsamt und die Zuständigkeiten scheinen im Karussell hin und her geschoben zu werden. Insgesamt liegt der Schwerpunkt der Stadt Köln im Zusammenhang mit der Unterbringung Geflüchteter zur Zeit immer noch auf kurzfristigen Lösungen.

Massenunterbringung ist teuer und unwürdig! Es gibt andere Lösungen.

Nach der Scheidung droht uns die Zwangsräumung

Rund 1,07 Millionen Einwohner leben derzeit in Köln. Und die Metropole wächst weiter: Nach Prognosen, die sicherlich mit großer Vorsicht zu betrachten sind, werden bis 2040 schätzungsweise zwischen 1,11 und 1,18 Millionen Einwohner in Köln erwartet. 

Wie ist die Stadt darauf vorbereitet? In der Vergangenheit sehr schlecht. Denn seit 2003 hat der geförderte Mietwohnungsbestand rund 17.000 Wohnungen verloren. Während 45 Prozent der Kölner Haushalte aufgrund ihrer Einkommenssituation berechtigt sind, geförderte Wohnungen zu beziehen, liegt der Bestand an preisgünstigen geförderten Wohnungen bei gerade mal 6,8 Prozent.

Jahrelang ist der sogenannte „soziale Wohnungsbau“ völlig vernachlässigt worden, die Privatisierung von öffentlichen Wohnungen wurde begleitet von der Zunahme von Eigentumswohnungen. Im Januar 2008 hat der Rat der Stadt die Verwaltung beauftragt, den 2004 (!) beschlossenen Wohnungsgesamtplan fortzuschreiben. Immerhin hat sich seit Juni 2011 dann mehrmals eine Arbeitsgruppe dazu getroffen.

Davor hatte der Rat im Februar 2010 schon mal ein „Handlungskonzept“ für den preiswerten Wohnungsbau beschlossen. Die sich ankündigende Misere wurde lange übersehen. Die Föderalismusreform von 2006 hatte die soziale Wohnraumförderung auf die Länder übertragen, ohne dass eine ausreichende Planung auf den Weg gebracht wurde.

Die Verknappung günstigen Wohnraums in Verbindung mit den sprunghaft steigenden Immobilienpreisen führte zu einer derartigen Mietpreiserhöhung, dass immer weniger Menschen sich ausreichenden Wohnraum leisten können. 

Die zahlreichen Menschen, die aus Krieg, politischer Verfolgung und Elend verstärkt zu uns gekommen sind, haben diese Wohnungsprobleme nicht hervorgerufen, sondern sie verschärft und für uns allen deutlicher gemacht. Nun will die Stadt mit neuen Plänen Verbesserungen schaffen.

Hoffen wir das Beste.

Informationen zur Mietpreisentwicklung aus „Wohnen in Köln – September 2016“

 

 

 

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